In einer Umfrage wollten wir wissen: Was interessiert euch mehr: Bedeutung von Wörtern oder Schreibstil verbessern? Der Schreibstil hat mit 76 Prozent gewonnen. Interessant, dass die Wortbedeutung so an Bedeutung verliert. Gehört ja auch zum Schreibstil. Hier die entscheidenden Antworten auf die Stilfrage.
Mit dem Schreibstil ist es nicht wie mit dem Modegeschmack. Einen eigenen Modestil hat man, oder man hat ihn nicht. Ihn selbst zu verbessern, ist schwierig, deshalb gibt es Styleberater, die einem die Arbeit abnehmen.
Beim Schreiben ist es anders. Einen eigenen Stil hat man nicht, man erschreibt ihn sich. Ihn selbst zu verbessern, passiert nur beim Schreiben. Diese Arbeit kann einem kein Stilberater abnehmen. Will man das, braucht man einen Ghostwriter.
Schreibstil entwickelt sich. Buchstabe für Buchstabe. Silbe für Silbe. Wort für Wort. Satz für Satz. Geschichte für Geschichte. Buch für Buch.
Aus ein paar ersten Worten schält er sich heraus, er schlüpft und häutet sich, bis er sich irgendwann als etwas entpuppt, das nur du geboren haben kannst.
Nach und nach bekommt er Hand und Fuß und erlebt Wachstumsschübe, die dich stolz machen. Du glaubst, er ist hochbegabt, und förderst ihn, bis er in die Pubertät kommt, wo er auf der Suche nach sich selbst bockig wird.
Wenn er aus der ersten Sturm- und Drangzeit draußen ist, wird er ein Stückchen erwachsener. Er wird neugierig, schaut sich in der Welt um und verliebt sich in verschiedene andere Stile. Mit manchen genügt ihm ein One-Night-Stand, bei anderen hält die Faszination an, aber letztlich ist er ein Einzelgänger und geht doch wieder seiner Wege.
Er reift, bis er in die erste Lebenskrise kommt, wo er sich fragt, ob das alles gewesen sein kann. Er lümmelt lethargisch auf der Couch irgendeines Coaches herum und sperrt sich gegen alles. Du glaubst, er ist depressiv, und suchst nach Aufputschmitteln, die ihm wieder die Freude an Silben und Sätzen zurückgeben könnten. Bis er sich plötzlich selbst aufrappelt und einen Wurf hinlegt, den du nie für möglich gehalten hast.
Und dann geht alles wieder von vorne los.
Fertig ist er nie, dein Stil.
Das macht ihn so kurzweilig, das macht ihn so schwierig.
Natürlich kann man ihm helfen auf seinem Weg, wo immer er ihn hinführen wird. Vielleicht will er in die Literatur, in die Welt der Sachbücher, womöglich geht er der Bloggerei ins Netz, manchmal traut er sich aus einem Tagebuch nicht heraus oder verkümmert im Alltag seines Brotjobs und bleibt im Stau des E-Mail-Verkehrs stecken.
Eigentlich aber ist es wurscht, wo er sich niederlässt. Denn, was er überall braucht, ist Handwerk und Übung. Das Handwerk können wir ihm beibringen, für die Übung bist du zuständig.
Alles, was du dazu brauchst, sind die zehn Grundregeln des Schreibens.
Schreibe verständlich. Um es so verständlich wie möglich auszudrücken: Lass ja die Finger vom Amtsdeutsch. Du kennst das: Wann immer du vor dem weißen Blatt Papier oder einem jungfräulichen Dokument am Computer sitzt, beginnt dein Hirn um die Ecke zu denken. Kein Satz verlässt deine Ganglien so, wie du ihn sagen würdest. Du verwendest Worte, die du selbst im Wörterbuch nachschlagen musst. Du verfranst dich in Satzstellungen, bis du dich selber nicht mehr erinnerst, was das eigentlich heißen sollte. Reg dich nicht auf, das ist der gängigste Fehler beim Schreiben. Und: Du kannst ihn wieder verlernen.
Schreibe lebendig Verwende viele Zeitwörter. Verben sprechen alle Sinne an. Mit ihnen sehen wir, wir hören, riechen und fühlen mit ihnen. Verben bewegen, die Geschichte und die Leser. Schaufle Zeitwörter in deine Texte, bis du Schwielen an den Fingern hast. Dann lebt deine Geschichte.
Schreibe klar. Verwende schlichte Worte. Wir hören direkt, wie sich deine Finger auf der Tastatur verkrampfen. Schlicht ist schlecht, flüstert dir die Erinnerung an die Schule ins Ohr, sie werden sagen, deine Texte sind banal. Eben nicht. Banal sind sie nur, wenn deine Gedanken banal sind. Ein genialer Einfall in schlichten Worten ist Weltklasse. Also: Sag ein schlichtes Wort zu deiner Einflüsterin, so etwas wie: Halt einfach den Mund.
Schreibe dynamisch. Kurze Sätze wirken in einem Text, als würdest du aufs Gas steigen. Sie machen Tempo, erhöhen die Spannung, treiben die Leser vor sich her. Schachtelsätze können da nicht mithalten, bei so einer Rasanz hängt ihnen die Zunge heraus. Lange Sätze entstehen aber auch, wenn du zu viele unnötige Worte hineinpackst, die fürs Verständnis gar nicht gebraucht werden. Schau dir diese Füllfloskeln genau an, du wirst einige am Krawattl nehmen und vor die Tür setzen.
Schreibe einmalig. Schreib so, wie nur du es kannst. Verwende keine Formulierungen, die du tausendmal woanders gelesen hast. Phrasen machen dich als Autor verwechselbar. Vertrau auf deine Sprachgewalt, auf deine Fantasie, dann wirst du dich von den anderen abheben. Das kannst nur du geschrieben haben. Dieser Satz deiner Leserschaft soll dein Ziel sein.
Schreibe bildhaft. Hast du den Impuls, Kriterien zu setzen, die alle Aspekte einbeziehen? Dann gib ihm um Gottes willen nicht nach. Oder findest du, dass diesem Satz irgendetwas Konkretes zu entnehmen ist? Dass er etwas aussagt? Dass man sich auskennt? Schreibe Sätze, aus denen das Hirn deiner Leser Bilder formt, die einen Film aufs Papier zaubern. Show, don’t tell. Schreib nicht über ein Ereignis, lass es stattfinden.
Schreibe ausdrucksvoll. Eigenschaften zu beschreiben, ist gut. Eigenschaftsworte genügen dafür meistens nicht. Willst du den Lesern einen schönen Menschen vorstellen, wirst du mehr als dieses eine Wort brauchen. Außer es ist dir egal, dass jeder Leser einen anderen schönen Menschen vor sich sieht. Gut sind Eigenschaftsworte dann, wenn sie eine Zusatzinformation geben, die noch nicht dasteht.
Schreibe eindringlich. Schreib nicht über das, was du sagen willst, hinweg, beschreibe es so präzise, wie möglich. Um deine Gedanken aus deinem Kopf in den deiner Leser zu transportieren, musst du ganze Welten überwinden. Deine Erfahrungen sind nicht die deiner Leser, sie verstehen etwas, das für dich ganz klar ist, vielleicht ganz anders. Aber du kannst sie durch deine Augen schauen lassen, indem du genau beschreibst, was du siehst und wie du etwas siehst.
Schreibe mit Taktgefühl. Sprachrhythmus, hm. Was ist das?, fragst du dich. Wozu brauch ich das?, willst du wissen. Nur nicht verwirren, denkst du, du hast schon genug damit zu tun, Schreiben zu lernen, pfeif auf den Sprachrhythmus. Tja, wäre schade. Der macht nämlich den Zauber aus. Der lullt die Leser ein oder reißt sie mit. Die gute Nachricht ist: Du musst ihn dir nicht aneignen, du hast ihn in dir. Du musst ihm nur auf die Schliche kommen.
Verwende Satzzeichen. Ein Stöhnen. Ein Geseufze. Ein Augenverdrehen. Bis jetzt waren die Tipps nicht so uneben, denkst du, und jetzt kommen sie uns mit Beistrichen. Ja, genau. Du kannst die Augen verdrehen, wie du willst, wenn du die Satzzeichen unter den Schreibtisch fallen lässt, erschwerst du dir das Formulieren und den Lesern das Verstehen. Satzzeichen sind wie Regieanweisungen im Text, sie gewichten, sie betonen, sie sorgen dafür, dass man deine Sätze so liest, wie du sie gemeint hast. Wenn du auf Beistriche und seine Freunde verzichtest, könntest du genauso gut sagen: Pfeif aufs F, ich brauch kein M, scheiß aufs CH.
So, das waren sie, die Grundregeln des Schreibens. Jede einzelne von ihnen hilft dir, deinen Stil zu finden und ihn zu verbessern. Wie du das machst, erfährst du in unseren Videos. Und beim Schreiben. Schreiben. Schreiben. Schreiben. Schreiben.
Super :-) Danke für die Inspiration.
Schreiben. Schreiben. Schreiben.
KOESTLICH !!!!